Für den Lebensabend nach Utting: Der Sänger des „Kini“

2023-01-05 18:16:10 By : Ms. Doctor Tang

Utting – Was haben König Ludwig II., Richard Wagner und Karl Freiherr von Perfall damit zu tun, dass es jetzt in Utting einen „Max Schlosser Weg“ gibt? Sie sind maßgeblich an der Karriere des königlich-bayerischen Kammersängers Max Schlosser beteiligt. Er hat sich mit 69 in der Ammersee-Gemeinde niedergelassen, wo er bis zu seinem Tod am 2. September 1916 – kurz vor dem 81. Geburtstag – gelebt hat.

Wiederentdeckt wurde der seinerzeit äußerst populäre Sänger von Ex-Gemeinderat Karl Sauter, 23 Jahr lang für die CSU im Gremium und davon sechs Jahre lang Vize des damaligen Bürgermeisters Josef Lutzenberger. Sauter wohnt in der geschichtsträchtigen „Kunstmühle Fridolin Sauter“ in der Uttinger Mühlstraße, seit 1912 in Familienbesitz.

Beim Stöbern in alten Dokumenten fand Karl Sauter eine Urkunde, in der das Betretungsrecht eines Nachbargrundstücks „zum Zwecke der Instandhaltung bzw. Instandsetzung“ verbrieft wurde, durch das ein Teil des Mühlbachs verlief. Und genau dieses Grundstück, nur zweihundert Meter vom Ammersee entfernt, war seinerzeit im Besitz des berühmten Kammer- und Opernsängers Max Schlosser. Er hatte es für seinen Altersruhesitz erworben. Jetzt wurde der Fußweg entlang der Bahnlinie von der Mühlstraße zu seinem damaligen Domizil in der Mühlbachstraße nach ihm benannt.

Karl Sauter, früher im Hauptberuf Rechtspfleger und Regierungsdirektor im Justizministerium, wollte mehr wissen über den Nachbarn seiner Vorfahren und begann zu recherchieren. Heute nur noch in Fachkreisen bekannt, konnte Schlosser auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken, bevor er sich in Utting niederließ.

Schlossers Aufstieg begann 1868, als für Richard Wagners Uraufführung der „Meistersinger von Nürnberg“ eine Besetzung für die Rolle des Lehrbuben David gesucht wurde. Karl August Freiherr von Perfall (1824 – 1907), Intendant der königlich-bayerischen Hof- und Residenztheater in München, lud Schlosser zum ‚Casting‘ ein und war begeistert wie auch Richard Wagner selbst und sein Dirigent Hans von Bülow. Schlosser wurde vom Fleck weg engagiert und war von da an bis zum Ende seiner großen Karriere Mitglied der Hofoper, dem heutigen Münchener Nationaltheater.

Und Schlosser wurde auch ein gehätschelter Favorit des als schwierig geltenden Richard Wagner. Nicht nur bei der Meistersinger-Uraufführung am 21. Juni 1868 sang Schlosser, auch bei der Uraufführung von „Das Rheingold“ am 22. September 1869. Der Sänger spielte zudem die Rolle des Zwerg „Mime“ in der ersten vollständigen Aufführung des Zyklus „Der Ring der Nibelungen“ 1876 bei den Bayreuther Festspielen.

1882 und 1883 war Schlosser Ensemblemitglied eines reisenden Wagner-Theaters, das den „Ring“ in vielen europäischen Metropolen aufführte, unter anderem in „Her Majesty’s Theatre London“. Seine Abschiedsvorstellung gab Schlosser 1902 in München als „Nachtwächter“ in den Meistersingern. Max Schlosser fungierte die meiste Zeit seiner Karriere als Tenor. Später wechselte er ins Baritonfach.

Schlosser stammt aus Amberg in der Oberpfalz. Der Sohn des Stadtschreibers bekam wegen seiner schönen Stimme einen Freiplatz im Seminar St. Emmeram in Regensburg. Mit 17 zog er nach Bayreuth und wurde vom Opernsänger und Theaterdirektor Anton Bömly unterrichtet. Es folgten erste Engagements in Bamberg, Zürich und Augsburg. Dort verliebte er sich in die Tochter eines Bäckermeisters.

Als Schlosser um ihre Hand anhielt, verlangte der Schwiegervater in spe neben der Singerei eine „anständige Handwerksausbildung.“ Also ging Schlosser bei einem Bäcker in Regensburg in die Lehre, durfte danach seine Angebetete heiraten und schuftete vier Jahre lang als Bäcker in Augsburg. Dort erreichte ihn die Einladung zum Vorsingen in München. Von der Backstube ging es dann direkt auf die große Bühne – und nie wieder zurück.

Seit der Meistersinger-Premiere hatte Schlosser zudem einen ganz besonderen Fan: König Ludwig II., der zusammen mit Richard Wagner von der Königsloge aus das Spektakel geradezu in sich aufsog. Wagners letztes musikdramatisches Werk „Parsifal“ musste Schlosser sogar in drei nächtlichen „Separatvorstellungen“ ganz allein für den König im Münchner Hoftheater singen.

Daran hat er sich bestimmt gerne im Uttinger Ruhestand erinnert. Sein Landsitz „Haus 81“ stand da, wo heute die Nummern 19 und 19a in der „Im Gries“ genannten Straße sind. Der „Max Schlosser Weg“ führt an seinem ehemaligen Grundstück vorbei. Das Schild fehlt zwar noch, wird aber bald montiert.